„Gramscis Plan“ ist von vornherein als eine Reihe von Büchern konzipiert, die chronologisch und sachlich aufeinander aufbauen. Die Reihe soll mit den „Gefängnisheften“ von Gramsci unter der Fragestellung „Was soll ich tun?“ abgeschlossen werden.

Das Projekt „Gramscis Plan“ gräbt tief – anleitet durch die 1300 Seiten, die Gramsci im Gefängnis schrieb. Der erste Band ist Kant gewidmet. Gramscis Überlegungen beginnen geschichtlich mit der Epoche der Aufklärung, die sich von der Renaissance/Reformation bis zur französischen Revolution erstreckt. Der nächste Band ist Hegel gewidmet, als dessen Schüler sich Marx sein Leben lang bezeichnete.

Die klassische deutsche Philosophie wird gemäß den Notizen von Gramsci dargestellt -eingebunden in das historische Drama, in dem sie entstand. Das wäre zunächst einmal nur ein Beitrag zur Geschichte der Philosophie in spannender Verpackung. Die übergeordnete Absicht aber, die sich mit „Gramscis Plan“ verbindet, besteht darin die Philosophie aus ihrer akademischen Isolation herauszulösen und in die öffentliche Debatte zurückzuholen. Philosophie ist die Besprechung unserer Auffassungen über unser Leben und unsere Welt.

Gramsci, Gefängnishefte, Bd. 6, Heft 11, § 12, S. 1375

Man muss das weitverbreitete Vorurteil zerstören, die Philosophie sei etwas sehr Schwieriges aufgrund der Tatsache, dass sie die spezifische intellektuelle Tätigkeit einer bestimmten Kategorie von spezialisierten Wissenschaftlern oder professionellen und systematischen Philosophen ist. Man muss daher vorab zeigen, dass alle Menschen ‚Philosophen‘ sind, indem man die Grenzen und die Wesenszüge dieser ‚spontanen Philosophie‘ definiert, die ‚jedermann‘ eigen ist, …“

Gramsci, Gefängnishefte, Bd. 6, Heft 10 (Teil 2), § 44, S. 1335/6

Deshalb kann man sagen, dass die geschichtliche Persönlichkeit eines individuellen Philosophen auch durch das aktive Verhältnis zwischen ihm und der kulturellen Umwelt gegeben ist, die er verändern will, eine Umwelt, die auf den Philosophen zurückwirkt und, indem sie ihn zu fortwährender Selbstkritik zwingt, als ‚Lehrer‘ fungiert. So ist es gekommen, dass eine der Hauptforderungen der modernen Intellektuellenschichten auf politischem Gebiet die nach der sogenannten ›Gedanken- und Redefreiheit (Presse und Versammlung)‹ gewesen ist, denn nur wo es diese politische Bedingung gibt, verwirklicht sich das Lehrer-Schüler-Verhältnis im weitesten, oben erwähnten Sinn, und in der Tat verwirklicht sich ‚geschichtlich‘ ein neuer Typus des Philosophen, der ‚demokratischer Philosoph‘ genannt werden kann, nämlich des Philosophen, der davon überzeugt ist, dass seine Persönlichkeit sich nicht aufs eigene physische Individuum beschränkt, sondern ein tätiges gesellschaftliches Verhältnis der Veränderung der kulturellen Umwelt ist. Wenn sich der ‚Denker‘ mit dem eigenen ‚subjektiv‘ freien, also abstrakt freien Denken zufriedengibt, fordert er heutzutage zum Spott heraus: denn die Einheit von Wissenschaft und Leben ist eine tätige Einheit, in der sich die Gedankenfreiheit allererst verwirklicht, sie ist ein Verhältnis von Lehrer-Schüler, Philosoph-Kulturmilieu, in dem zu wirken ist, aus dem die notwendig zu stellenden und zu lösenden Probleme zu entnehmen sind, das heißt, sie ist das Verhältnis Philosophie-Geschichte.